Die Weingärten der Familie Wohlmuth aus der Südsteiermark zählen zu den steilsten in Europa. Am Ende eines Weinjahres dürfte Gerhard Wohlmuth in etwa gleich viele Höhenmeter in den Beinen haben wie ein Hobby-Bergsteiger. Spitzen erreicht der charmante Steirer aber lieber mit seinen Weinen, denn die Winzerfamilie ist bekannt für die konstanten Top-Bewertungen in allen wichtigen Weinführern. Besonders beim Sauvignon Blanc zählen sie unbestritten zu den Besten der Welt. Ihr Weingut umfasst mit 55 Hektar Rebbergen eine beachtliche Grösse. Noch beeindruckender ist aber der Arbeitsaufwand pro Jahr: Dieser beträgt 48 Vollzeitstellen, davon werden 46 in den Weingärten benötigt. Bei einer Steigung von bis zu 90% kommt man mit Maschinen nicht weit. Alles wird in Handarbeit erledigt. Wer sich die Wohlmuths nun keuchend und ächzend bei der Arbeit vorstellt, irrt sich gewaltig: Das am häufigsten vernommene Geräusch im Rebberg ist Gerhards schallendes Lachen. «Man braucht schon einen langen Atem», gibt der Winzer zu, «nicht nur wegen dem Auf und Ab im Weinberg, sondern auch, weil man kleine Schritte über eine lange Zeit geht. Was ich heute pflanze, wird erst in der nächsten Generation so richtig Früchte tragen.» Der Zukunft blickt der Vater dreier Söhne optimistisch entgegen, doch er sieht einen grossen Umbruch auf die Weinwelt zukommen: «Die Schere zwischen industriellem Wein und handwerklichem Wein wird weiter aufgehen.» Handwerklichen Wein zu produzieren koste viel mehr Geld und die Kosten würden weiter steigen. Deshalb müssten bald viele Betriebe entscheiden, worauf sie setzen wollen: Maschinen oder Menschen? Masse oder Kunst? Die Familie Wohlmuth produziert auf ihrem mittelgrossen Betrieb nur knapp 300 000 Flaschen im Jahr. Dank der konstanten Spitzenqualität und der Einzigartigkeit ihrer Produkte geht ihre Rechnung aber auf. Sehr zur Freude all jener Menschen, für die Wein nicht einfach ein Getränk, sondern ein Kulturgut ist.
Auszeichnungen
Falstaff 93/100