«Keiner braucht Kopien», sagt Gianluca Viberti mit Nachdruck. Für ihn zählt nur das Einzigartige, der wahre Charakter. Man kann es mit uns Menschen vergleichen: Charakterköpfe und Dorforiginale mischen jede Gemeinschaft auf. Sie sorgen für Horizonterweiterungen und zahlreiche Geschichten, die man sich immer wieder gerne erzählt. Die grossen Originale des Piemonts heissen Nebbiolo, Barbera und Arneis. «Nebbiolo fühlt sich im piemontesischen Klima und Territorium einfach am wohlsten», erzählt Gianluca und bezieht sich auf einige gescheiterte Versuche, die Traubensorte andernorts zu kultivieren. Entsprechend sorgfältig und beinahe ehrfürchtig behandelt er sein Traubengut: «Meine wichtigste Aufgabe im Weinkeller besteht darin, die Zutaten nicht zu ruinieren.» Wer den Weinkeller von 460 Casina Bric besucht, staunt über die penible Sauberkeit. Die Erklärung kommt sofort: «Für mich ist die Kellerei die Erweiterung einer Küche. Meine Mutter war Köchin, ich habe früh gelernt, dass Sauberkeit und der schonende Umgang mit den Zutaten das A und O sind.» Darum hat Gianluca alle Fässer auf Mass anfertigen lassen und sogar ein Gerät erfunden, um beim Abstich auf Druck und Pumpen zu verzichten. Was er in die Flaschen füllt, sind Weine mit klarer Identität. Wie ernst es dem Winzer mit dem Charakter seiner Weine ist, merkt man, wenn es ums Thema Auszeichnungen geht: «Ich gebe dir ja auch keine Noten oder Punkte für deinen Charakter!» Ob ich jemanden mag, kann ich nur selbst herausfinden. Beim Wein ist das nicht anders. In Anlehnung an Kant könnten wir also sagen: «Habe den Mut, dich deines eigenen Geschmackes zu bedienen!» Schliesslich sind wir alle einmalig und empfinden anders. Und das ist gut so, denn es macht die (Wein-) Welt vielfältig und spannend.